Stellungnahme zur Orientierung für die Wahlen 2021

  • Bundestagswahlen 26.9.2021
  • Kommunalwahlen Niedersachsen 12.9.2021 (Gemeinderat und Kreistag, Bürgermeister- und Landratswahlen)

Gemeinsam für ein NIE WIEDER – Für ein tatkräftiges Erinnern – Gemein­sam gegen Rechts!

Wir erinnern zu herausgehobenen Gedenktagen an die Katastrophen unser jüngsten Geschichte – an den Verlust von Menschlichkeit, an unerhörte Verbrechen, an den Krieg und seine Folgen. Am Ursprung dieser Katastrophen standen völkische Bewegungen. Sie hatten Erfolg, weil die demokratischen Parteien nicht oder zu spät erkannten, dass sie es mit ihren Todfeinden zu tun hatten.

Schon einmal wurde in Deutschland eine Demokratie über Wahlen und Koalitionen zu Fall gebracht – antise­mitische Ge­walt, brutale Unterdrückung von Minderheiten und politischer Opposition, Gleichschaltung in al­len öffentli­chen Bereichen und letztlich Krieg waren die Folgen. Wir können aus der Geschichte lernen, wie schnell Teile der Gesellschaft abdriften und in ex­tremistisches Denken und bruta­les Handeln verfallen.

Wir erinnern an solche Ereignisse, damit wir aus der Geschichte lernen. Wir erin­nern daran für unsere Ge­genwart und Zukunft.

Wie damals verstecken sich solche Parteien und Bewegungen hinter Parolen, denen viele glauben zustim­men zu können. Und wie früher gilt die Teilnahme an demokratischen Wahlen als Zeichen für den demokrati­schen Charakter einer Partei. Wir wissen aus der Geschichte, dass es sich so nicht verhält und dass auch eine demokratisch gewählte Partei mit der Zustimmung eines großen Teils der Bevölkerung das Land in eine Diktatur führen kann.

Wir erleben ganz aktuell, wie Antisemitismus in Deutschland erschreckend zunimmt: 2351 antisemitische Straftaten wurden in 2020 re­gistriert, allein in Niedersachsen 180 Ermittlungsverfahren wegen judenfeindli­cher Bestrebungen. Niemals seit 2001, seitdem solche Straftaten gesondert erfasst werden, gab es mehr. Aber Antisemitismus steht in keinem Partei- oder Wahlprogramm. Wir finden ihn in den Reden und Aussprü­chen von Politiker*innen rech­ter bzw. rechtsextremer Parteien und wir finden ihn in unterschiedlichem Um­fang bei den Anhänger*innen von Parteien – bis zu 55% der AfD- Anhänger*innen (>16 Jahre) bejahten die Frage, ob es stimme, dass Ju­den auf der Welt zu viel Einfluss hätten. Bei der Bevölkerung insgesamt lag diese Quote bei 22% (FAZ_Juni2018_Antisemitismus, Layout 1 (ifd-allensbach.de)

Der Name unserer Initiative: NIE WIEDER – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts ist  un­ser Leitfaden auch für die aktuelle politische Situation vor den Wahlen und in der Einschätzung der unter­schiedlichen Pro­grammatiken der Organisationen, die sich zur Wahl stellen.

Worum es bei Wahlen in erster Linie geht, sind nicht nur Mandate. Es geht darum, wie unser Leben künftig aussehen wird:

  • mit Weltoffenheit und Unterstützung von Vielfalt und Kreativität
  • mit Respekt vor allen, die in unserem Staat leben
  • mit Chancengleichheit und Inklusion in al­len Lebensbereichen, die eine gesunde, zu­friedenstellende Entwicklung ohne Armut und Bildungseinschränkungen für alle Kin­der, Ju­gendlichen und Erwachsenen (alte und jun­ge) ermöglichen
  • mit Humanität und offenen Armen für Ge­flüchtete durch staatliche Institutionen, zivil­gesellschaftliche Unterstützung und Hilfsbe­reitschaft, Hilfen beim Nachzug von Famili­en
  • mit gesetzlichen Grundlagen für ein funktio­nierendes Eingreifen gegen Hass, Be­leidigungen, Morddrohungen und der Ankün­digung von Straftaten in den Social-Media-Ka­nälen
  • mit Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Erinnerns und Gedenkens an die Op­fer der Nazidiktatur und mit Prävention ge­gen und Verfolgung von Antisemitismus
  • mit einer auf wissenschaftlichen Erkennt­nissen basierenden Meinungsbildung und politischen Entscheidungsfindung, z.B. im Bereich Gesundheit und bei der Bekämp­fung des menschengemachten Klimawan­dels
  • mit offenen Grenzen und dem Einsatz für ein demokratisches Europa, mit Gleichbe­rechtigung der Völker und Unterstützung är­merer Bevölkerungen durch das reiche Deutsch­land
  • Oder verengt auf eine „deutsche Leitkultur“ (was immer das sein mag)
  • Oder mit Ausgrenzung und Diskriminie­rung aufgrund von Herkunft, Natio­nalität, Religion oder sexueller Orientierung
  • Oder mit sozialer Ausgren­zung und weite­rer Spaltung der Gesellschaft in immer we­niger Reiche und immer mehr Arme, in für Arbeit Verwertbare und Überflüssige, in „nor­mal“ Entwickelte und „Behinderte“, in „Wir“ und die „Anderen“, die „Fremden“
  • Oder mit weiterer Verschärfung der Asylges­etzgebung, Grenzschließungen, Kri­minalisierung von Geflüchteten und Aus­weisung
  • Oder mit einer weiteren Entwicklung der socia­l media zu Treibhäusern des Hasses und der Angsterzeugung
  • Oder mit einer „Fliegenschiss“- und Schluss­strichmentalität, die mit den Opfern nichts mehr zu tun haben will und aus den Verhee­rungen der Nazizeit nichts ernsthaft lernen möchte
  • Oder mit Leugnung und Bagatelli­sierung von Pandemien, mit Verschwörungspropa­ganda und Wissenschaftsfeind­lichkeit und mit weiterer Leugnung des menschengemach­ten Klimawandels und der damit einhergeh­enden Zerstörung der Natur
  • Oder mit dem Zunehmen eines „autoritä­ren Nationalradikalismus“ (Wilhelm Heit­meyer), Abgrenzung und Benachteiligung anderer Länder, Hegemonialbestrebungen Deutsch­lands in Europa und der ganzen Welt

Diese Alternativen stehen für unseren Ort, für das Land und die Bundesrepublik zur Wahl. Wir alle können mit unserer Stimme bei den Wahlen im September 2021 ein Zeichen setzen gegen zunehmen­den An­tisemitismus, gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung von Min­derheiten.

Dieser Aufruf wird getragen von:

  • AG „Aufarbeitung der NS-Zeit in Worpswede“ im Heimatverein Worpswede
  • Bürgermeister der Gemeinde Worpswede
  • Bündnis 90/Die Grünen OV Worpswede
  • CDU Worpswede                                    
  • Die LINKE Worpswede
  • Dorfplatz Hüttenbusch e.V.
  • Ev.-luth. Kirchengemeinde Grasberg
  • Ev.-luth. Kirchengemeinde Hüttenbusch
  • Ev.-luth. Kirchengemeinde Worpswede
  • FDP Worpswede
  • Flüchtlingsinitiative Worpswede
  • Förderverein Maria Frieden e.V. Worpswede                                                     
  • Freunde Worpswedes e.V.
  • Heimatverein Worpswede e.V.          
  • Künstlerhäuser Worpswede e.V.      
  • SPD Worpswede                                     
  • Stiftung Worpswede              
  • Stiftung Maribondo da Floresta  
  • UWG Worpswede