2019

Ausstellung in der Galerie Altes Rathaus:

„Grasnarben – no-mor-war.biz – Inmitten“ von Barbara Millies und H. Jo Schwörer.


Das Gedenken an die Reichspogromnacht am 9.11.1938 ist in diesem Jahr verbunden mit einem fürchterlichen Ereignis. Beim Anschlag auf die Synagoge in Halle mit zwei Ermordeten ist ein Massaker an der versammelten jüdischen Gemeinde nur durch einen Zufall verhindert worden.

Der Judenhass, der zu diesen Untaten führt, war nach 1945 nie aus unserer Gesellschaft ver­schwunden. Er äußerte sich früher selten öffentlich. Das hat sich in den letzten Jahren verändert. Die zunehmenden antisemitischen und fremdenfeindlichen öffentlichen Äußerungen vergiften das gesellschaftliche und politische Klima.

Antisemitismus in Deutschland äußert sich in vielen Formen: Pöbeleien und Schlägereien auf Schulhöfen und Straßen, eine Flut von Hassbotschaften, Gewaltankündigungen und altbekannten antisemiti­schen Stereotypen im Internet, Bekundungen der im Bundestag vertretenen AfD, die fordert, stolz auf die Leistungen von 1933-1945 zu sein, und deren Vorsitzender öffentlich die Nazizeit als einen Vogelschiss der Geschichte bezeichnen kann…  Ein solches Klima ermutigt Attentäter, Mitläufer, Weggucker. Seit 1989 gibt es etwa 169 Todesopfer rechtsextremer Gewalt. In einem derartigen Kli­ma sind die Morde in Halle eben nicht „unvorstellbar“, der rechte Terror „schlägt nicht auf wie ein seltener Meteorit, der das Land kurzfristig erschüttert. Die Täter haben ihre Wurzeln in dieser Ge­sellschaft … ihr Geflecht ist … viel größer als es das ewige Einzeltäter-Gerede suggeriert.“ (ZEIT ON­LINE v. 11.10.19)

Im vergangenen Jahr haben wir auf der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht 1938 bekundet: Wir vergessen nicht, was Juden und Jüdinnen – auch in Worpswede –  angetan wurde. Wir geden­ken Rosa Abrahams, Johanne Sanders, geb. Abraham,  die 1942 in Treblinka ermordet wurden, und der vertriebenen  Worpsweder  Jüdinnen und Juden: Ian), die im Exil die Nazizeit überlebt haben. Wir gedenken der Ermordeten, Verfolgten, Entrechteten, ihres Eigentums Beraubten.

Wir wissen aber auch: was einmal möglich war, kann wieder geschehen. Das unfassbare Leiden, das wir Deutschen den deutschen und europäischen Juden zugefügt haben, fordert von den heute Lebenden, immer wieder dar­an zu erinnern und die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass es sich nie wiederholt. Wir alle dürfen nicht tatenlos zuschauen, wenn Juden und Jüdinnen erneut darüber nachdenken, ihre Koffer zu packen und diesem Land mit seinem immer offener zu Tage tretenden Judenhass zu entfliehen. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft ebenso wie Politiker*innen, Parlamente, eine Justiz und Polizei, die sich tagtäglich gegen Antisemitismus, Alltagsrassismus und Menschenfeind­lichkeit en­gagieren.

Mit unserem Gedenken wollen wir zeigen: Wir lassen uns nicht durch eine Minderheit von Gewalt­tätern und Wirrköpfen verängstigen. Wir stehen ein für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen in Worpswede und im ganzen Land – und in einem friedliebenden Europa.