Zum Gedenken am 9.11.2021 in Worpswede zum 83. Jahrestag der Reichspogromnacht 1938

Jedes Jahr am 9. November gedenken wir gemeinsam mit vielen Worpsweder*innen auf dem Rosa-Abraham-Platz der ent­rechteten, deportierten und ermordeten Jüdinnen und Juden Worpswedes. Auch in diesem Jahr sind die Pogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Anlass für uns zu erinnern – in einer Zeit, in der sich antisemitische Vorfälle bis hin zu offener Gewalt erschreckend und unübersehbar häufen und nach ei­ner Bundestagswahl, bei der bundesweit jede/r zehnte Wähler*in die AfD gewählt hat, eine rechtsextreme Partei, deren Anhänger*innen und politisches Umfeld Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Verschwö­rungserzählungen aktiv vertreten. In Worpswede waren es über 5%.

Wir gedenken

der in Worpswede aufgewachsenen Schwestern Johanne Sanders (geb. Abraham), ermordet in Treblinka, Sophie Schwabe und Merry Leeser, umgekommen in Theresienstadt. Wir gedenken ihrer Schwägerin Rosa Abraham, ermordet in Treblinka, und aller vertriebenen Worpsweder Jüdinnen und Juden, die im Exil die Nazizeit überlebt haben.

Wir erinnern daran,

was mit der Machtübergabe an die NSDAP 1933 mit der Entrechtung, Enteig­nung und Gewalt gegenüber Juden, der politischen Opposition und diskriminierten Minderheiten be­gann und den ersten Höhepunkt des mörderischen Antisemitismus in den Novemberpogromen fand.

Wir versuchen, aus der Geschichte zu lernen und Schlussfolgerungen zu ziehen.

Antisemitismus war in Deutschland auch nach 1945 nie verschwunden ebenso wenig wie rechtsextreme Gewalt gegen Jüd*innen, Migrant*innen, Geflüchtete, Obdachlose, Linke… „Mindestens 213 Menschen sind seit 1990 in Deutschland von Rechtsextremen ermordet worden. Zehntausende wurden verletzt oder bedroht.“ (SZ v. 8.10.21) Es gibt eine Kontinuität von NSDAP-Altkadern, die über Jahrzehnte hinweg in politi­schen, wirtschaftlichen, juristischen und medizinischen Spitzenpositionen in der BRD tätig waren und deren geistige Nachfahren sich heute in einer erstarkenden rechtsextremen Szene und in Teilen von Polizei, Justiz und Militär sammeln.Gegenwärtig nimmt Antisemitismus in Deutschland, Europa und den USA zu. 2351 antisemitische Straftaten wurden in Deutschland 2020 registriert. Niemals seit 2001, seitdem solche Straftaten gesondert erfasst werden, gab es mehr.

„Anstatt Juden und Jüdinnen immerzu zu befragen, inwiefern sie von Antisemitismus betroffen seien …, könnte man alle anderen fragen, was sie gegen Antisemitismus tun.“


Helene Shani Braun (Rabbinerin i. Ausb.)

– vor allem Politiker*innen, Polizei und Justiz.

Heute stellen wir mit Bestürzung und Sorge fest, dass die Mahnung zunehmend das Gebot unserer Zeit ist. Die Rückkehr zu Nationalstaaten und Angst vor „den Fremden“, eine erschreckende Empathielosigkeit gegenüber Flüchtenden, neue Bewegungen des Rassismus, Erosion des Rechtsstaates in vielen Staaten und ein neues Erwachen von Antisemitismus zeigen eine Unmenschlichkeit, die wir hofften, hinter uns gelassen zu haben.

Die Erinnerung mahnt uns, dass wir den Weg zur Unmenschlichkeit auch in ihren Anfängen nicht dulden dürfen. Wir wollen überall Hass, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus entgegentreten, besonders aber an den Orten, an denen wir Verantwortung tragen und wo von uns ein klares Wort erwartet und gehört wird. Wir lassen uns fragen, wo wir Antisemitismus und Menschenverachtung zu viel Raum geben.

Dieser Frage stellen wir uns als Initiative Worpsweder Bürger*innen nicht nur an Gedenktagen, an de­nen wir versuchen, das Erinnern und Gedenken zu verbinden mit der Vermittlung von Informatio­nen, mit Lesungen, Vorträgen, Reden und Aufrufen. Wir versuchen, bei aktuellen Anlässen – z.B. Morde in Hanau, Brand im Flüchtlingslager Moria, Attentat in Halle – mit Stellungnahmen zur Aufklärung und mit Spontankundgebungen zu reagieren.

Diese Frage stellt sich uns jeden Tag am Arbeitsplatz, in Schulen, auf der Straße, in Geschäften, in der Fa­milie, im ÖPNV, im Netz. Die Gesellschaft muss sich darauf verlassen können, dass Polizei und Justiz gegen Gewalt und Androhung von Gewalt konsequent vorgehen. Wir anderen sind aufgefordert, gegen jede antisemitische, fremden­feindliche, Men­schen diskriminierende Äußerung einzuschreiten – oder bei Aggressivität und Gewalt sofort die Polizei einzuschalten, sich an die Seite des Opfers zu stellen – Zivilcourage zeigen!

Zum Gedenken möchten wir uns mit allen interessierten Worpsweder Bürger*innen am 9. November um 18.00 Uhr auf dem Rosa-Abraham-Platz an der Hembergstraße / Udo-Peters-Weg in Worpswede treffen.

Begrüßung: Dr. Almut Helvogt, Worpswede

Gedenkrede: Pastor Jörn Contag, Worpswede

Lesung kurzer Texte und Gedichte durch Mitglieder der Initiative

Wir sammeln Spenden für AMCHA, eine nicht-staatliche Organisation in Israel, die den Überlebenden der Shoa sowie deren nachfolgendenden Generationen bei der Bewältigung ihrer Traumata zur Seite steht. Unterstützt wird sie von AMCHA Deutschland. Die Erfahrungen in der Arbeit mit Traumatisierten werden auch an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit mit Geflüchteten in Deutschland weitergegeben.

Alle Anwesenden müssen sich an die geltenden Hygieneregeln halten: Abstand wahren – Hygiene – Mund-Nasenschutz tragen.

Die Gedenkveranstaltung wird getragen von:

  • AG „Aufarbeitung der NS-Zeit in Worpswede“ im Heimatverein Worpswede        
  • Bürgermeister der Gemeinde Worpswede
  • CDU Worpswede
  • Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Bremen / Unterweser e.V.                   
  • Bündnis 90/Die Grünen OV Worpswede  
  • Der Integrationsbeauftragte der Gemeinde Worpswede
  • DIE LINKE Worpswede   
  • Ev.-luth. Kirchengemeinde Hüttenbusch
  • Ev.-luth. Kirchengemeinde Worpswede
  • FDP Worpswede                
  • Flüchtlingsinitiative Worpswede
  • Förderverein Maria Frieden e.V. Worpswede
  • Freunde Worpswedes e.V.
  • Freundeskreis Haus im Schluh    
  • Heimatverein Worpswede e.V.    
  • Heinrich-Vogeler-Gesellschaft Verein Barkenhoff Worpswede e.V.                                  
  • SPD Worpswede
  • Stiftung Worpswede
  • UWG Worpswede

Vortrag online!

Die Aufzeichnung des Vortrages von Dr. Franz Rainer Enste, Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, in der Bötjer’schen Scheune in Worpswede am 3. September 2021 wurde aufgezeichnet und kann jetzt hier angesehen werden!

Vortrag und Diskussion: Antisemitismus und die Situation in Niedersachsen

Freitag, 03.September 2021 um 18.00 Uhr

Bötjersche Scheune, Bauernreihe 3, Worpswede

In Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen Unterweser e.V.

Begrüßung und Einführung: Dr. Bernd Moldenhauer, Initiative NIE WIEDER und DIG Bremen/Unterweser e.V.

Vortrag: Dr. Franz Rainer Enste, Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Hannover

Eintritt frei

Beleidigungen, Bedrohungen, Hetze in sozialen Netzwerken, gezielte Sachbeschädigungen, tätliche Angriffe bis hin zum Mord – Antisemitismus findet in vielfältigen Erscheinungsformen und täglich in Deutschland auf den Straßen, in Schulen und anderen Bildungsstätten, im Netz, in politischen Institutionen, in Familien statt.

Antisemitismus hat nichts mit dem Verhalten der Juden selbst zu tun. Antisemitismus besteht aus Projektionen der Antise­mit*innen auf ihre Opfer wie: reich, machtbesessen, Christusmörder…, ist Hass auf Juden und Jüdinnen als Einzelne, als Gesamtheit, auf ihre Gemeindeinstitutionen, religiösen Einrich­tungen und Symbole, ist Hass auf die Existenz eines jüdischen Staates. Wir finden Antisemitismus in allen Teilen der Gesellschaft, vor allem jedoch in rechten/rechtsextremen Organisationen und Milieus.

Juden und Jüdinnen müssen ohne Angst vor Bedrohungen und Gewalt im friedlichen Miteinander aller Bür­ger*innen in Deutschland und anderswo leben können. Das Leben auf „gepackten Koffern“ darf nie wieder zum jüdischen Alltag gehören. Zu diesem angstfreien Leben und zur Aufklärung über Antisemitismus beizu­tragen, ist eine der wesentlichen Aufgaben der Landes- und des Bundesbeauftragten.

„Wir wollen alles in unserer Macht Stehende dafür tun, dass Menschen jüdi­schen Glaubens auch in Zukunft gerne in Niedersachsen leben, dass sie hier sicher sind und sich willkommen fühlen. Dazu gehört auch, dass sie ohne Angst in der Öffentlichkeit Zeichen ihres Glaubens tragen und eine Synagoge besuchen können. Herr Dr. Enste übernimmt eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe – herzlichen Dank dafür.“ (Ministerpräsident Stephan Weil bei der Berufung von Dr. Enste, Oktober 2019)

Wir bitten um eine Spende für AMCHA, eine nicht-staatliche Organisation in Israel, die den Überlebenden der Shoa so­wie deren nachfolgenden Generationen bei der Bewältigung ihrer Traumata zur Seite steht. Unterstützt wird sie von AMCHA Deutschland. Die Erfahrungen in der Arbeit mit Traumatisierten werden auch an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit mit Geflüchteten in Deutschland weitergegeben.

Die Veranstaltung finden unter den dann geltenden Coronaregeln statt.

Tag der Befreiung – Veranstaltung zum Gedenken an den 8. Mai 1945

Aufgrund der Pandemie konnte unsere Veranstaltung nicht öffentlich stattfinden. Statt dessen hier das Video mit unseren Ansprachen und der Lesung:

Link direkt zu YouTube

Unser Programm:

Begrüßung: Jochen Semken

Ansprachen zur Bedeutung des Tages der Befreiung: Almut Helvogt / Harro Jenss

Lesung: „War dies die Heimkehr? Alles fremd, fremd, fremd… Und doch auch wieder nicht“

(Klaus Mann im Mai 1945 bei seiner Rückkehr nach München als Sonderberichterstatter der US-Army)

Zum Tag der Befreiung am 8. Mai 1945

„Ich war sieben und wusste einfach nicht, was das sein sollte: frei zu sein.“

(Edith Bär, befreit aus dem Lager Theresienstadt)

Richard von Weizsäcker war 1985 der erste Bundespräsident, der es aussprach:

„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht endete der Zweite Weltkrieg in Europa. „Der deutsche Faschismus hatte die Völker der ganzen Welt gegen sich mobilisiert und deshalb diesen ‚totalen Krieg‘ – wie ihn seine Führer nannten – total verloren. Es war das erste Mal in der neueren Ge-schichte, daß eine Großmacht nach einem verlorenen Krieg sich bedingungslos ihren Gegnern unterwerfen mußte, vollständig von den Siegern besetzt wurde, und daß zunächst alle ihre staatlichen Institutionen ihre Tätigkeit einstellen mußten.“ (Wolfgang Abendroth, Politologe, Rechtswissenschaftler)

Tag der Befreiung – für die Überlebenden der Konzentrations-, Arbeits- und Kriegsgefangenenlager, die Zwangsarbeiter*innen, die Häftlinge in Zuchthäusern und Gefängnissen, für die Versteckten und ihre Helfer*innen …

…und der Verzweiflung – für diejenigen, deren Angehörige ermordet, verhungert, verschollen waren und diejenigen, die wussten, dass sie trotz der Befreiung die Folgen der Lagerhaft nicht überleben konnten; für die obdachlos Gewordenen…

Tag der Niederlage – für das Naziregime, die Wehrmacht, die SS, die Gestapo, die mörderischen Juristen, die KZ-Lagerkommandant*innen und -bewacher*innen, die Denunziant*innen , die bis zuletzt überzeugten Mitläufer*innen…

… und der Leugnung – der Schuld, der Scham, der Täterschaft, des Mittuns und Mitwissens.

Tag der Erkenntnis – über das Ausmaß von Terror und mörderischer Gewalt, von nazistischer Zerstörungswut gegenüber dem eigenen Land und Europa…

…und des Neuanfangs – mit dem Wegräumen der Trümmer, dem Beginn des Aufbaus von Verwaltungseinheiten, dem Suchen von Angehörigen, dem Versuch einer Entnazifizierung, später dann den Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher…

Es wäre jedoch verkehrt, von einer „Stunde Null“ zu sprechen. Nicht nur der Naziungeist lebte in den Köpfen vieler Deutscher weiter, die „von nichts gewusst“ haben wollten, auch die Entnazifizierung in den Westzonen führte nicht zu einem Bruch in der personellen Kontinuität bei Justiz, Polizei, Verwaltung und Bildungsinstitutionen.

(In einer Befragung von 1044 Personen im Januar 2020 gaben nur 3% an, dass ihre Familien befürwortend zum Nationalsozialismus standen, 30% waren Gegner (https://www.zeit.de/2020/19/zeit-umfrage-erinnerungskultur.pdf). Die armen Nazis – sie hatten wirklich keine Anhänger…)

In der Rede Richard von Weizsäckers heißt es: „Vier Jahre nach Kriegsende, 1949, am 8. Mai, beschloss der Parlamentarische Rat unser Grundgesetz. Über Parteigrenzen hinweg gaben seine Demokraten die Antwort auf Krieg und Gewaltherrschaft im Artikel 1 unserer Verfassung: ‚Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.‘ Auch an diese Bedeutung des 8. Mai gilt es heute zu erinnern.“

Wir Heutigen tragen keine Schuld an den Verbrechen in der Zeit von 1933-45, aber wir alle gemeinsam haben die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Nazismus, Krieg und Shoa nie wieder stattfinden können. „Wir vergessen nicht, was geschehen ist! Aber wir vergessen auch nicht, was geschehen kann!“ (Bundespräsident Steinmeier) Die Attentate in Halle, Hamburg und anderen Städten auf Juden und Jüdinnen, die mutmaßlich rechtsextremen Brandanschläge auf Restaurants von Geflüchteten bzw. Migrant*innen in Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee, die Morde in Hanau, der NSU-Terror – das alles macht deutlich, dass Nazis in diesem Land weiter aktiv sein können.

Das Erinnern an den Tag der Befreiung und das damit verbundene Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg stehen auch im Zeichen des Jubiläumsjahres „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Dass sich in den letzten Jahrzehnten trotz aller Bedrohungen wieder ein vielfältiges jüdisches Leben in Deutschland entwickeln konnte, erfüllt uns mit großer Dankbarkeit. Es mit allen in unserer Macht stehenden Kräften zu schützen, ist die Verpflichtung von Staat und Zivilgesellschaft, also von uns allen.

 Leider können wir Sie und Euch nicht zu der von uns ursprünglich geplanten Veranstaltung zum Tag der Befreiung am 8. Mai 1945 einladen. Wir halten öffentliche Veranstaltungen wegen der Pandemiesituation weiterhin zu riskant für alle Beteiligten.

Stattdessen wird ein Video der Reden und Lesungen am 8. Mai um 16 Uhr hier auf der Webseite veröffentlicht.

Mitglieder unserer Initiative werden dort einleitend sprechen und in Kooperation mit der DIG Bremen/Unterweser e.V. und Mitgliedern des Literarischen Quartiers Bremen eine Lesung abhalten.

Unser Programm:

Begrüßung: Jochen Semken

Ansprachen zur Bedeutung des Tages der Befreiung: Almut Helvogt / Harro Jenss

Lesung: „War dies die Heimkehr? Alles fremd, fremd, fremd… Und doch auch wieder nicht“

(Klaus Mann im Mai 1945 bei seiner Rückkehr nach München als Sonderberichterstatter der US-Army)

Jahrestag des Anschlags von Hanau am 19. Februar 2020

Wir gedenken der Opfer des rassistischen Anschlags und trauern mit ihren Angehörigen:

  • Gökhan Gültekin
  • Sedat Gürbüz
  • Said Nesar Hashemi
  • Mercedes Kierpacz
  • Hamza Kurtović
  • Vili Viorel Păun
  • Fatih Saraçoğlu
  • Ferhat Unvar
  • Kaloyan Velkov
  • Gabriele Rathjen

Am 22. Februar 2020 haben wir spontan eine Kundgebung in Worpswede organisiert. Texte dazu finden Sie hier.

Wir rufen zu Spenden an die Initiativen auf, die von den Angehörigen gegründet wurden:

Initiative 19. Februar und Bildungsinitiative Ferhat Unvar:

Lückenlos e.V.
IBAN: DE19430609674108589900
BIC: GENODEM1GLS
GLS Bank Bochum
Verwendungszweck: „19Februar“ oder  „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“

27. Januar, Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

„Auschwitz, das ist der Tod, der tota­le, absolute Tod des Menschen, aller Menschen, der Sprache und der Vorstellungskraft, der Zeit und des Geistes.“

(Elie Wiesel, Überlebender von Auschwitz, Au­schwitz-Monowitz und Buchenwald)

„Nur wer damals hier in Belsen war, kann wirklich wissen, wovon wir Überlebenden reden… Nichts als Leichen, Leichen, Leichen.…

Wer waren diese Menschen, oder besser gesagt, diese Gestalten, die unsere Befreier hier vorgefun­den haben? Das waren einmal ganz normale Menschen. Menschen aus Polen. Menschen aus Hol­land, Frankreich, aus ganz Europa; alle Nationalitäten, Sinti und natürlich Juden.“

(Anita Lasker – Wallfisch, Überlebende von Auschwitz und Bergen-Belsen)

Der 27. Januar, Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, soll an alle Opfer erinnern. Wir gedenken:

  • der europäischen Jüdinnen und Juden: 6 Millionen Ermordete
  • der sowjetischen Kriegsgefangenen: 3 Millionen Ermordete von 5,5 Mio. gefangenen Rotarmisten
  • der Sinti und Roma: 250.000 Ermordete
  • der Zeugen Jehovas: 1.900 Ermordete
  • der Opfer der Euthanasieprogramme: 400.000 Zwangssterilisierte und 200.000 Ermordete
  • der „Asozialen“ und „Berufsverbrecher“: 70.000 Ermordete
  • der wegen ihrer Homosexualität verfolgten Männer: 10.000 in Konzentrationslagern, davon 5.300 Ermordete
  • der im politischen und alltäglichen Widerstand Verfolgten und Ermordeten

Warum wurde der 27. Januar im Jahr 1996 zum gesetzlich verankerten Gedenktag in Deutschland und 2005 von der UNO zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ er­klärt?

An diesem Tag wurden 1945 das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und die beiden anderen Kon­zentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit.  Nur noch 7.000 Gefangene waren am Leben.

Konzentrationslager wurden bereits ab 1933 errichtet und dienten anfangs v.a. der Inhaftierung von Oppo­sitionellen sowie der Einschüchterung der Bevölkerung. Vernichtungslager hingegen wurden erst ab 1941 betrieben.

Es waren schließlich rund 1000 Konzentrations- und Nebenlager sowie sieben Vernichtungslager. Sie dien­ten der Ermordung von Millionen Menschen, der Beseitigung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Auschwitz–Birkenau ließ die SS als Vernichtungslager mit dem Ziel der industrialisierten Vernichtung von Menschen errichten. An diesem Ort wurden über eine Million Menschen ermordet, größtenteils Ju­den, Sinti und Roma aus ganz Europa.

Tage der Befreiung

Anfang 1945 rückten die Westalliierten, sowjetische und polnische Truppen weiter nach Deutschland vor. Von Osten näherte sich die Rote Armee, wo sie am 27. Januar 1945 das KZ Auschwitz und am 13. Februar Groß-Rosen befreite. Auf deutschem Boden folgten am 11. April Buchenwald bei Weimar, das am selben Tag wie Mittelbau-Dora durch US-Truppen befreit wurde. Am 15. April trafen britische Truppen in Bergen-Belsen ein. Am 22. April befreiten sowjetische und polnische Truppen das KZ Sachsenhausen. Das Lager Flossenbürg erreichten US-Truppen am 23. April. Am 29. waren es wiederum US-Truppen, die die Gefangenen von Dachau retteten. Am 30. April öffneten sich für die Gefangenen von Ravensbrück durch so­wjetische Truppen die Tore zur Freiheit. Dazwischen lagen viele kleinere Lager, deren Gefangene auf dem Weg der vorrückenden Truppen befreit wurden.

„Befreit, aber nicht frei.“  (Zitat jüdischer Überlebender)

In allen Lagern starben sehr viele Befreite trotz al­ler Bemühungen der alliierten Ärzt*innen. Im KZ Bergen-Belsen, in dem bis April 1945 50.000 Häftlinge und 20.000 Kriegsgefangene ermordet worden waren, starben nach der Befreiung noch 14.000 Menschen bis zum Juni. 

Die Befreiung für die meisten der nun als »Displaced Persons« eingestuften Menschen war zuerst einmal ein Übergang von einem Lager ins andere. Gewiss, die Todesängste und die Qualen in den Konzentrationsla­gern gehörten nun der Vergangenheit an, aber oftmals blieben die Befreiten in den DP-Lagern zunächst einmal weiter­hin hinter Stacheldraht und waren in ihrer Bewegung eingeschränkt.

»Die Amerikaner haben damals viele Deutsche aus Weimar und Erfurt in das KZ Buchenwald hereingeführt. Ich war der Meinung, jetzt werden die im Lager bleiben, und wir gehen in ihre Wohnungen, nachdem die Deutschen das hier alles in­szeniert hatten, für den Krieg und das Morden verantwortlich waren. Jetzt ist unsere Befreiung gekommen – wie soll das also anders möglich sein? Ich sah mir jeden Deutschen an und sagte mir: Jetzt bekomme ich seine Wohnung, und er geht in mein Lagerbett. Es hat sich aber herausgestellt, dass die am Abend wieder nach Hause geschickt wurden, ganz gleich, welche Verbrechen geschehen sind, und wir mussten in den Lagerbetten bleiben. Und noch jahrelang hat man uns in geschlossenen Lagern gehalten.«

(Der polnische Überlebende Julius Spokojny)

Manche konnten es nicht verkraften, als einzige ihrer Familien überlebt zu haben. Einige wollten selbst nicht weiterleben, nachdem ihnen das Ausmaß des Schreckens bewusst wurde. Andere kämpften für den Rest ihres Lebens mit seelischen Problemen.

Befreiung

Aber für die meisten Überlebenden waren die alliierten Soldaten, egal welcher Nationalität, erst einmal ihre Retter. Viele von ihnen kümmerten sich um sie, versorgten sie mit Nahrung, Kleidung und Woh­nungen und bedeuteten ihnen, dass sie von nun an in Freiheit lebten. Für die Mehrzahl galt es nun, zumin­dest äußerlich ein neues Leben anzufangen. (Jüdische Allgemeine vom 16.4.2015)

Gedenken – Erinnern – Handeln!

Dieser Gedenktag ist ein Tag, an dem an die Verbrechen der National­sozialisten erinnert und aufgeklärt werden soll. Und es ist ein Tag, an dem wir auf den zunehmenden Antisemitismus, Rassismus und menschenverachtenden Rechtsextremismus auf­merksam machen wollen, auf die dynamisierende Funktion des Internet beim Schüren von Hass und Gewalt und antisemitischen Verschwörungsspinnereien. Es ist ein Tag, an dem wir – trotz Corona – überlegen wol­len, wie wir weiter gegen Rechts aktiv werden können.

Wir möchten Sie und Euch anregen,

am 27. 1. 2021 an die Stele auf dem Rosa-Abraham-Platz Kerzen und Blumen zum Gedenken hinzustellen.

Wir bitten Sie: Spenden Sie für AMCHA, eine nicht-staatliche Organisation in Israel, die den Überlebenden der Shoa sowie deren nachfolgendenden Generationen bei der Bewältigung ihrer Traumata zur Seite steht. Unterstützt wird sie von AMCHA Deutschland. Die Erfahrungen in der Arbeit mit Traumatisierten werden auch an Mitarbeiter*innen in der Arbeit mit Geflüchteten in Deutschland weitergegeben.

Spendenkonto: IBAN: DE90 5206 0410 0003 9113 65            Stichwort: Gedenken Worpswede